WORKSHOP
IM SCHLIERSEER ATELIER AM SEE
Flüchtlingskinder entdecken den Künstler in sich
-
Kreatives Gestalten als ureigene, nonverbale Ausdrucksform: Wie befreiend und
verbindend das ist, durften jetzt acht Flüchtlingskinder im Schlierseer Atelier
am See erfahren.
Die
Idee zu einem Kunstworkshop für traumatisierte Flüchtlingskinder entstand schon
vergangenes Jahr im Atelier am See von Cornelia Heinze-Lichtwark. Die
Künstlerin, die in ihren Räumen Mal- und Zeichenunterricht für Kinder und
Erwachsene anbietet und die im Rahmen des Kinderkulturherbsts schon Projekte
ihrer jungen Schüler in einer Vernissage präsentierte, betont immer wieder die
Bedeutung von Kunst als natürliche, archaische Ausdrucksform. Und weil man sich
über kreatives Gestalten über alle Sprachbarrieren hinweg und unabhängig von Herkunft
und Fluchterfahrungen mitteilen kann, fand die Idee zum Workshop für
Flüchtlingskinder beim Kinderschutzbund und bei der Jugendhilfe Anklang. Sie
finanzierte den einwöchigen Kurs. Daran nahmen acht Kinder im Alter von acht
bis 15 Jahren aus Syrien, Afghanistan, Irak und Somalia teil.
Aus
Material vom Wertstoffhof und Gips formten sie futuristische Skulpturen, die
sie bunt bemalten. Dann waren sie aufgefordert, aus einem Zeitungsschnipsel
eine Kollage zu entwickeln, indem sie die vorgegebenen Strukturen – das waren
unter anderem Schriften oder auch Kiwi-Samen – weiterentwickelten. Mit
Chinatusche und Federn schufen sie Miniaturen mit Fantasie-Tieren, um sich
schließlich an Portraits zu wagen. Hier erhielten sie die Aufgabe unter
besonderer Berücksichtigung der Veränderungen von Augen, Mund und Augenbrauen
Gesichter zu malen, die einmal glücklich und einmal ärgerlich aussehen.
„Ich
habe gar nicht gewusst, dass ich malen kann“, gestand der 13-jährige Darman
Jallal dann auch stolz bei der Vernissage, bei der die Eltern der jungen
Künstler wie auch Claudia Bernrieder vom Kinderschutzbund anwesend waren. Die
Wertstoffskulpturen aus Gips zu formen, habe ihm besonders gefallen. „Wir
hatten Spaß mit der Lehrerin und mit Simon und Markus“, sagte Darman, der erst gar
nicht so begeistert war, dass seine Mutter ihm den Workshop vorschlug. Er
wollte eigentlich lieber Fußball spielen. Simon Grimm (15) und Marinus
Mairhofer (16) sind Schüler von Cornelia Heinze-Lichtwark, die das ganze Jahr
über im Atelier kreativ sind und die sie beim Workshop unterstützt haben. „Der
Kontakt mit gleichaltrigen Künstlern hat noch einmal zusätzlich ein tollen
Effekt gegeben. Die Kinder haben sich so ohne Bedenken an die Arbeit gemacht“,
sagt Cornelia Heinze-Lichtwark erfreut. Im weitesten Sinne hat das Projekt
somit einem therapeutischen Zweck gedient.
Sie
sei überhaupt fasziniert gewesen, wie offen und lernbegierig die
Flüchtlingskinder seien. „Sie sind noch nicht so überfüttert an optischen
Reizen und haben keine vorgefertigten Bilder im Kopf. Es war eine helle
Freude.“ Sie betont, dass sie Künstlerin und keine Kunsttherapeutin sei: „Ich
habe den Kurs so abgehalten, wie ich es auch für nicht traumatisierte Kinder
getan hätte. Und bin so mit den Kindern umgegangen wie ich es mit meinen anderen
Schülern auch tue. Ganz normal. Und diese Normalität hat ihnen – glaube ich –
besonders gut getan.“
Von Alexandra Korimorth